Vorgeschichte zur Wandlung in den

Musikverein

 

„Warum habt ihr das gemacht?“ fragten viele befreundete Spielmänner. Ja, warum eigentlich? War es, weil es in Otterstadt schon einmal Musikkapellen gab? Oder waren andere Gründe ausschlaggebend?

 

Es fing damit an, dass die Fanfarenmusik eine musikalisch-zeitliche Ausweitung nicht zuließ. Wir hatten damals ein Top-Programm. Ein Auftritt mit vollem Programm beanspruchte die ganze Kraft. Ein zeitliches „mehr“ war also kaum drin. Auf dem Gipfel des Erfolges war es plötzlich in aller Munde, ein zweites Instrument (Jagd/Parforcehorn) sollte Abhilfe schaffen. Und zu diesem Zeitpunkt war es meiner Meinung nach, wo die Weichen für den Umschwung zum Musikverein gestellt wurden.

 

Wir hatten als Fanfarenzug viel erreicht.

 

Man kann ohne Übertreibung sagen: „Wir waren in der Blütezeit.“

 

 Wir hatten sogar einen ansehnlichen Schülerfanfarenzug, der uns wertvollen Nachwuchs lieferte.

 

Als reiner Fanfarenzug, mit einer stattlichen Anzahl männlicher Aktiver und in  erstklassiger Uniform,  waren wir eine  Augenweide  bei jedem Festzug und Auftritt. Stolz war auch unsere Vorhut (Fahnenschwinger und Standartenträger.) Hans Elzer –Fahnenschwinger-, lebte bei einem Gespräch, es ging dabei überwiegend um unsere Bauangelegenheit und um „alte“ Zeiten, auf und schwärmte von dem idealen Aussehen und Auftreten.

 

Man kann nicht sagen, dass es plötzlich ging. Es passierte eher allmählich und ohne jegliches Vorbild.

 

Hierfür gibt es zwei Gründe. Einmal die Tatsache, dass jeder Aktive neu lernen musste. Theorie, die bisher kaum benötigt wurde und die Praxis am neuen Instrument waren kein Zuckerschlecken. Ein Fan –Karl Schneider-, glaubte damals nicht, dass da etwas zustande kommen würde, als er die ersten Übungsstunden mit den neuen Instrumenten belauschte. Es fielen auch immer mehr Fanfarenzügler ab. Der zweite wichtige Punkt war das liebe Geld, es fehlte ganz einfach. Die Instrumente mussten deshalb nach und nach angeschafft werden, zum Teil bereits gebrauchte. Große Hilfe wurde uns zuteil durch die Spenden von Herrn Gustav Schackert (Tuba) und Herrn Friedrich Hecht (Tenorhorn.)

 

Wenn man unseren Fritz Reichwein als Gründungsvorsitzenden bezeichnet, muss man in Anlehnung an die Umstellung unseren Ernst Sturm als ersten 1. Vorsitzenden des Musikvereins ansehen. Die offizielle Umstellung und Umbenennung fiel zusammen mit der Übernahme der Steuerung und Lenkung des Vereinsschiffes durch Ernst Sturm.

 

In seiner Amts-Antrittsrede sagte Ernst Sturm dann auch: „Mit ganzer Kraft wollen wir unsere Aufgaben angehen, um bald dort zu stehen, wo wir als Fanfarenzug abgetretensind":

 

 In der Sonderklasse!!“

 

Derzeitige Situation

 

Noch passiert es, dass Freunde und Gönner des Musikvereins in alter Verbundenheit „Fanfarenzug“ über die Lippen springen lassen. Äußerlich ist hierzu jedoch kein Anlass mehr vorhanden. Ob die noch mitwirkenden früheren „Fanfarenzügler“ vielleicht der Grund sind?

 

Die personelle Situation ist recht günstig. Neben dem Stamm gibt es sehr viel Jugend. Die Mädchen sind gleichberechtigt seit der Umstellung zum Musikverein. Diese Mischung aus alt und jung ist gesund und stabil. Dass es immer noch zu Abgängen kommt ist aus zwei Gründen verständlich, und zwar einmal wegen der Anforderungen und zum anderen bei den Damen, wenn sie heiraten.

 

Diese Sachlage hat man erkannt und sorgt seit zwei Jahren intensiv für die Ausbildung des Nachwuchses. Dieser wird von einigen Aktiven geschult und ausgebildet, obwohl diese auch Laien sind. Ein solcher Arbeitsaufwand macht sich bemerkbar und führt dem Musikverein immer neue Kräfte zu.

 

Es wurde einmal Kritik darüber geübt, dass wir sehr viele junge Damen bei den Aktiven und überwiegend Mädchen beim Nachwuchs hätten. Wenn es auch noch lange dauert, so bin ich dennoch überzeugt, dass die Kinder unserer ehemaligen Musikerinnen den Weg zum Musikverein leichter finden werden und vielleicht vom Erlernten der Mutti profitieren.

 

Noch heute ist es nicht leicht für uns, denn auch in der Musik lernt man nicht aus. Wir sind zur Zeit bemüht das Durchschnittsniveau zu heben, das heißt wir verlangen von den Schwachen mehr Einsatzwille und Fleiß. Bedauerlicherweise wird es nicht von allen Betroffenen akzeptiert, lieber hören sie auf.

 

Da wir unsere musikalischen Ziele oben und nicht unten sehen, ist dies der einzige Weg um weiter vorwärts zu kommen.

Wir wollen und können uns nicht mit Profis vergleichen. Was wir jedoch bieten können soll bestens zu Gehör gebracht werden. Wir haben es in der Hand das Niveau

 –auch insgesamt- zu verbessern und wir tun es auch. So wird es künftig dem Nachwuchs nur dann möglich sein aktiv zu werden, wenn er den Leistungsstand der Kapelle erreicht hat.

 

 

Ausblick

 

Wie dieZukunft aussehen wird kann heute niemand sagen, obwohl der allgemeine Trend wieder günstiger ist für Blas-, Volks- und Unterhaltungsmusik.

 

Man besinnt sich in unserem  automatisierten Land wieder der eigenen Fähigkeiten und erkennt, dass es nicht nur damit getan ist, vor dem Fernseher oder dem Radio zu sitzen und den perfekten Fertigprodukten der Industrie zu huldigen. Hausmusik, wie sie vielfach in den früheren Generationen gepflegt wurde, ist heute durch die „Kleinfamilie“ nicht mehr häufig anzutreffen. Der Zusammenschluss im Verein macht das gemeinsame Musizieren jedoch möglich. Außerdem sind Kameradschaft und Geselligkeit tragende Eckpfeiler der Gemeinschaft.

 

Für diese Gemeinschaft ein Domizil zu schaffen, kämpft der Musikverein um ein

Übungshaus. Ja sie lesen richtig „kämpft“. Seite um Seite könnte ich füllen, würde ich alles aufschreiben was in diesem Zusammenhang schon passierte bzw. nicht passierte. Ich bin jedoch felsenfest davon überzeugt, dass es uns gelingt ein Übungsheim zu bauen.

 

Ebenfalls bin ich überzeugt, dass es immer wieder Idealisten gibt, die den Musikverein führen und prägen.

 

Bedenkt man, dass es Musik-, Gesang- und viele andere Vereine gibt, die bereits mehr als 100 Jahre alt sind, trotz Kriege, Armut, Not und Entbehrungen, so ist meine Meinung keine Utopie.

 

 

Warum die Neuauflage

 

 Mein Herz hängt immer noch am Fanfarenzug/Musikverein „Blaue Husaren“ Otterstadt.

 

Neben der geschilderten guten Kameradschaft, dem adretten Aussehen und vieler erfolgreicher Auftritte, waren es die reichlichen Aktivitäten jedes Vereinsjahres die in der Erinnerung weiter leben.

 

Eine ganz wichtige Episode stellt natürlich die eigene Ära mit allen Erfolgen  dar, allerdings ohne Erwähnung in der Chronik. Bedauerlich ist auch, dass die  Weiterführung der Chronik grundsätzlich unterblieb.

 

Übrigens hat der Musikverein „Blaue Husaren“ Otterstadt sein Vereinsheim bekommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich die Bauphase schriftlich fixiere und als Anlage der Chronik beifüge.

 

Apropos Weiterführung der Chronik: Beinahe wäre dies 1990 passiert, man hat mir nämlich, um mich scheinbar von anderem abzuhalten, mit dieser Aufgabe betraut. Wegen meines beruflichen Einsatzes in den neuen Bundesländern ist daraus jedoch nichts geworden. 

 

Eines muss ich unbedingt noch loswerden. Die Entfernung „Blaue Husaren“ aus unserem Namenszug war ein Affront. Jahrelang war dies unser

 

Emblem

 und hat uns gut zu Gesicht gestanden.

                                                          

Otterstadt, Anno 2002

Erich Kuhn

 


Erich Peter Kuhn©

Redaktionell ergänzt im Juli 2014